„Luxus für alle“ war gestern. „Noch mehr Reichtum für Millionäre“ ist die Losung der Stunde. Aber jeder Mensch kann es schaffen, wenn er denn nur wirklich will, sich genug anstrengt und bereitwillig Überstunden macht. So sieht Selfcare nämlich im Turbokapitalismus aus. Zwinkersmiley. „Wohlstand durch Leistung“ ist dabei das oberste Gebot. Wen interessieren da noch die anderen 10? So rennt sich der Working Class Hero im Hamsterrad mit angestellten Ellenbogen die Füsze wund, um einem Ziel hinterherzulaufen, das er wohl nie erreichen wird. Das freut die High Society, die da schon weiter ist und nur noch das eigene Geld für sich arbeiten läszt. Gewieft.
Auch SOKO LiNX und GRUNDHASS träumen weiterhin noch davon mit der Musik irgendwann mal Geld zu verdienen. Süsz. Deshalb gehen sie 2025 gemeinsam auf Tour. Das Hamsterrad wird gegen einen Tourbus eingetauscht. Ohne Klimaanlage natürlich. Denn man will ja seine Herkunft aus spärlichen Verhältniszen nicht vergeszen. Ganz nach dem Tourmotto: DEUTSCHLAND MUSZ ERBEN. Auch wenn es nur die fünfstelligen Schulden der früh verstorbenen Eltern sind. Weniger als nichts ist da oft ein schlechter Start ins Leben. Zumindest bleibt die selbsternannte Elite dadurch unter sich. Das ist doch auch etwas.
SOKO LiNX, die Teletubbies des Elektro-Punk mit Alditüte und gelegentlichen Rap-Ausflügen sind zurück mit neuem Album. Nach der Kampfansage „Auf die Fresze. Fertig. Los“ (2022) heiszt es nun auf einmal „Blosz keinen Stresz“. Ein Miszverständnis? Laut SOKO LiNX schon. Denn mit „Auf die Fresze“ meinte die Band lediglich, dasz sie ausschlieszlich mit Masken in Erscheinung treten wird. Und die ergeben nun mal über der Fresze mehr Sinn als an den Füszen. Völlig logisch. Oder? Auf „Blosz keinen Stresz“ schmeiszt SOKO LiNX erneut ungefragt mit Lebensweisheiten und Gedankenexperimenten um sich. Es geht um die Widrigkeiten interkontinentaler Flugreisen über den Atlantik, um leerstehende Wohnungen, die in Anbetracht der Urbanisierung in hiesigen Groszstädten wohl eher eine preziöse Rarität geworden sind, und um unsägliche Heckscheibenaufkleber neurechter Kartoffeln. Es geht um durchzechte Nächte in einer nordsächsischen Kleinstadt, die stets damit enden, allein in einem Doppelbett emotional zu verkümmern. Dabei möchte der liebeshungrige Heteromann doch gar nicht viel. Nur eine Freundin ohne Tier. Denn Tiere gehören weder in die Bude noch in den Zoo, geschweige denn auf den Teller. Allumfaszende Sozialkritik in Leidkultur. In einer traurigen Ballade über einen miszglückten Schüttelreim wird fachkundig über das Für und Wider maskuliner Masturbation sinniert und diskursiv disputiert. Inhaltlich und philosophisch abermals der eigenen Zeit voraus.
Die meisten Menschen kratzen sich vermutlich verwirrt am Kopf, wenn sie GRUNDHASS auf einer Bühne sehen. Verspricht der Name doch schäbigsten zwei bis drei Akkorde Deutschpunk und stumpfstes Parolengedresche. Wenn dann der sympathische Typ mit Akustikgitarre und dem Jürgen von der Lippeeskem Hemd die Bühne betritt und seine melodischen Hymnen mit teils absurden Texten aufführt, ist klar, dass hier Etikettenschwindel vorliegen muss.