Die ukrainische Wissenschaftlerin Tetiana Kostiuchenko lebt seit dem Überfall Russlands auf ihre Heimat in Berlin. Nun hat sie, gemeinsam mit Tamara Martsenyuk, ein Buch herausgegeben, das ihre Erfahrungen und die anderer ukrainischer Wissenschaftler*innen und Kulturschaffender seit der Invasion reflektiert. Die Herausgeberinnen selbst schreiben über die Mobilisierung internationaler akademischer Netzwerke, um unter den Umständen des Krieges oder im Exil weiterarbeiten und in Kontakt bleiben zu können.
Der Bogen der weiteren Beiträge ist breit gespannt: Während Yuliia Sorok unter dem Titel „Surviving Occupation in Mariupol: The First Three Weeks of the War“ über ihre unmittelbaren Kriegserfahrungen berichtet, wagt der Soziologe Mychailo Wynnyckyj bereits eine Zukunftsvision: „Imagining Postwar Ukraine: Identity, Structure, Agency“. Klar ist die Botschaft „Victims No More: Ukrainian Literature Reacts to the Invasion“, wie der Literaturwissenschaftler Rostyslav Semkiv seinen Text programmatisch betitelt. Zuvor unmöglich gehaltene Überschneidungen von Fiktion und Wirklichkeit analysiert schließlich Mariia Shuvalova in ihrem literaturwissenschaftlichen Beitrag „First Novels, Then Tanks: Contemporary Russian Military Fiction (2009–22) and Ukrainian Literature about the War (2015–22).“ Die jeweilige Lehr- und Forschungstätigkeit der Autor*innen wurde jäh unterbrochen, aber sie reflektieren weiterhin über die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Ereignisse in der Ukraine. Ihre Analysen und Erfahrungen wollen sie jetzt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und zur Diskussion stellen. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.
Eine Kooperation der Heinrich Böll-Stiftung Bremen mit der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen