Lyschko sind drei Menschen aus einer mittleren Großstadt in NRW, deren Frust sich in geballter musikalischer Wucht entlädt. Brutale Pop-Musik gerissen aus dem finsteren Herzen jugendlicher Furcht angesichts des Zustandes der Welt; zugleich aber auch Musik, die die Verhältnisse als gemacht und wandelbar erkennt und utopisch zu überwinden sucht; Musik schließlich, die aus der eigenen Verunsicherung große Träume schöpft.
Nicht nur geborene Pessimisten dürfen sich freuen: Am 19. April veröffentlicht SCHRAMM seine charmant-pointiert betitelte zweite EP „How to fail at love“. Kurz darauf stehen zwei Releasekonzerte und ein Auftrittauf der c/o pop in Köln an. Zum ersten Mal machte Arne Schramm 2022 auf sich aufmerksam, als er die nicht weniger stilvoll betitelte Debüt-EP „I made this for myself (I didn’t make it for you)“ veröffentlichte.
The-Strokes-Gitarren und UK-Indie-Rock-Einflüsse verband er darauf mit seinem ganz eigenen, ansteckenden Humor und fand sich plötzlich reichlich Lob für seine ersten eigenen Songs ausgesetzt. Dabei hatte der Fotograf, Filmemacher und ohnehin kreativer Tausendsassa aus Wuppertal, inzwischen wohnhaft in Berlin, schon erwogen das Musik machen für eine Karriere mit der eigenen Filmproduktionsfirma an den Nagel zu hängen. Zum Glück kam es anders.
Auf der neuen EP „How to fail at love” spürt man eine deutliche Weiterentwicklung des jungen Musikers. SCHRAMM wechselt mühelos zwischen Deutsch und Englisch und fordert gleich zu Beginn „Contenance“ ein, die sich angesichts der mitreißenden Songs allerdings schwerlich bewahren lässt. Der Körper will sich rhythmisch bewegen, und zwar gleich von Anfang an, wenn im Opener „Fail at Love“ Darkwave auf Autotune und Gabber (!) trifft. Die geradlinige, energiegeladene Post-Punk Hymne „summerrain“ wartet mit The Cure-Gedächtnisgitarren auf, während sich „sunburned/goodbye“ als Shoegaze-Ballade entpuppt, in deren wirklich großartigen Musikvideo SCHRAMM im Großraumbüro seine Verzweiflung offenbart.
Das darauffolgende „graublau“ verdeutlicht einmal mehr auch die inhaltliche Schwere der neuen Songs, handelt es sich hierbei doch um SCHRAMM’s Sauflied. Allerdings ist der Song keinesfalls im Sinne von Vatertags-Bollerwagen-Eskalation zu verstehen. Es geht um tristen Alltagsalkoholismus und Gewohnheitstrinken, um die damit verbundene Monotonie. SCHRAMM erklärt: „Geschrieben habe ich graublau in einer ziemlich miesen Phase im Wintervorletzten Jahres. Ich habe die Demo und den Text dann lange liegen lassen und ganz klassisch erst im Nachhinein realisiert, was mich damals schon unterbewusst beschäftigt hat. Bis ich einigermaßen verstanden hatte, dass ich kein gesundes Verhältnis zu Alkohol habe, habe ich ziemlich lange gebraucht. Ich bin damit aufgewachsen, dass regelmäßiger Alkoholkonsum zur Normalität gehört, und musste irgendwann feststellen, dass ich schon allein dadurch zu einer stärker suchtgefährdeten Gruppe gehöre.“
Ein Thema, das sich auch in der Single „Vertraut“ wiederfinden lässt, wenn der Protagonist über hallenden Gitarren von kurzweiliger Verliebtheit im Strobolicht singt: „Ich bin nicht unbedingt ein großer Partygänger– bin in meinem Leben aber schon oft auf irgendwelchen eher anstrengenden, lauten Parties geblieben, nur weil die eine Person auch noch dort war. Um dieses Gefühl geht es in Vertraut. Einen Abend komplett geflasht von einer Person zu sein, am liebsten eigentlich irgendwo zu zweit sitzen und die ganze Nacht reden wollen, aber sich dann für die Person doch nochmal mit zur nächsten Party ziehen lassen.