Fabian Raphael Sokolowski (*1997 in Würzburg) lebt und arbeitet in Düsseldorf. Er studierte von 2017 bis 2024 an der Kunstakademie Düsseldorf in der Klasse für Freie Kunst von Peter Piller sowie Malerei als erweitertes Handlungsfeld bei Maximiliane Baumgartner. Ein Auslandsaufenthalt führte ihn 2022–2023 an das Painting Department der Royal Academy of Fine Arts in Kopenhagen zu Ferdinand Ahm Krag, bevor er sein Studium als Meisterschüler Peter Pillers abschloss.
In seiner Ausstellung Inquiries into Indexicality hinterfragt Sokolowski den Begriff des Index – ein Konzept, das in der Semiotik auf direkte physische Spuren verweist (etwa ein Fingerabdruck oder ein fotografisches Dokument) – und überträgt es in den erweiterten Raum der Malerei. Dabei dekonstruiert er die vermeintliche Objektivität indexikalischer Zeichen, die oft als Grundlage wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Wahrheitsfindung dienen. Indem er Materialspuren, verfremdete Reproduktionen und fragmentierte Bildzitate collagiert, legt er die Brüchigkeit solcher „Wahrheiten“ offen. Seine großformatigen Leinwände integrieren beispielsweise Screenshots aus Foren oder verweisende Pinselstriche, die wie archivarische Markierungen wirken – ein Spiel mit Authentizität und Manipulation.
Ein zentrales Motiv der Ausstellung ist die Auseinandersetzung mit politisch aufgeladenen Bildwelten des Internets. So reflektiert Sokolowski das Phänomen Rolling Coal – eine Praxis, bei der Truck-Fahrer*innen absichtlich schwarzen Dieselrauch ausstoßen, oft als Provokation gegen Umweltaktivismus. Die dabei entstehenden Rauchschwaden, zugleich ästhetisch und bedrohlich, verweisen auf die paradoxe Politisierung von Umweltschutz als identitärem Konflikt. Sokolowski zeigt, wie indexikalische Bilder im digitalen Raum zu Werkzeugen der Deutungsmacht werden – und wie ihre scheinbare Beweiskraft durch Kontextverschiebungen unterminiert wird.
Die Fragestellung seiner Werke lässt sich im Sinne von Georges Didi-Hubermanns Untersuchung Wenn Bilder Positionen beziehen (2008) lesen. Didi-Huberman argumentiert, dass Bilder nicht nur passive Zeugnisse sind, sondern aktiv in politische Diskurse eingreifen. In Anlehnung daran greift Sokolowski die Mechanismen auf, mit denen Bilder ideologisch aufgeladen werden, und macht sichtbar, wie sie nicht nur eine Dokumentation, sondern eine gezielte Inszenierung der Wirklichkeit sein können. Seine Arbeiten fordern eine kritische Leseweise, die sich der Fragilität und Kontextabhängigkeit von Bildwahrheiten bewusst ist.
Sokolowski, der auch als Kurator und Theoretiker tätig ist, initiierte den ersten großen Austausch zwischen der Kunstakademie Düsseldorf und der Royal Danish Academy. Seine Forschung zur Verantwortung in der postindustriellen Spätmoderne sowie seine Mitgründung der Zeitschrift Artis Observatio unterstreichen den interdisziplinären Anspruch seiner Praxis.
In Inquiries into Indexicality verbindet er diese Ansätze zu einer visuellen Kritik an der Illusion von Neutralität – sei es in der Kunst, der Wissenschaft oder den Bildern, die unsere Realität formen. Die Ausstellung lädt ein, die Malerei nicht als passive Abbildung, sondern als aktivierendes Medium zu begreifen, das Fragen nach Macht, Repräsentation und der Konstruktion von Wahrheit stellt – immer im Bewusstsein, dass auch der Pinselstrich ein politischer Akt sein kann.