Der Vortrag gibt einen Einblick in die transnationale Geschichte der Nahrungsverweigerung als politischer Praxis. Als Widerstandsform gegen Sklaverei und Einsperrung etablierten sich Hungerstreiks weltweit im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts bevor Aktivist:innen auch auf öffentlichen Plätzen im Rahmen von politischen Versammlungen in Hungerstreiks traten. In ihnen ging es sowohl um eine Politik des Körpers und der Anerkennung als auch um die Verteidigung eines durch Straf- und Wissensregime herausgeforderten rebellischen Selbst. Maximilian Buschmann stellt in der Veranstaltung sein 2023 erschienenes Buch zur „Erfindung des Hungerstreiks“ vor, in dem er die Geschichte der feministischen Bewegung, der radikalen Linken, des Pazifismus, der Sklaverei und des Schwarzen und antirassistischen Widerstands mit der Geschichte des Körpers, der Psychiatrie und der Gefängnisse verknüpft.
Neben dem historischen Wandel der Protestform werden auch die sich verändernden staatlichen (und ärztlichen) Reaktionen auf die Protestform, insbesondere die Zwangsernährung von hungerstreikenden Gefangenen, in den Blick genommen. Diskutiert werden soll dabei auch die Frage, was Hungerstreiks über (staatliche) Disziplinierungs- und Unterdrückungsformen und „biopolitische“, kapitalistische Reproduktionsverhältnisse offenlegen.
Dr. Maximilian Buschmann ist Historiker und hat zur transnationalen Geschichte des Hungerstreiks an der LMU München promoviert. Aktuell arbeitet er an der TU München und der Universität Marburg in Forschungsprojekten zur Geschichte von Psychiatrie und Hirnforschung im Nationalsozialismus.