Am 14. April 1912 um 23:40 Uhr zerschneidet ein Eisberg den Rumpf der RMS Titanic.
Die „unsinkbare“ Titanic sinkt binnen weniger Stunden bei klirrender Kälte. 1522 Menschen ertrinken oder erfrieren im Nordatlantik, weil der Luxusliner nicht mit einer ausreichenden Anzahl von Rettungsbooten ausgestattet war.
Jahrzehnte später, in den 1970er Jahren, macht Hans Magnus Enzensberger die Katastrophe zum Gegenstand seines Gedichtzyklus‘ Der Untergang der Titanic. Darin entwirft er sprachgewaltig ein scharfsichtiges Gesellschaftspanorama.
Sein Befund: Auch im Unglück teilt sich die Welt in Oben und Unten. Und: Auch eine Katastrophe dieser Dimension vermag den bedingungslosen Fortschrittsglauben nicht zu erschüttern.
So beleuchtet Enzensberger in seiner „Komödie“ hellsichtig den Umgang mit den Katastrophen und Bedrohungen bis in unsere Tage hinein: „die erstaunliche Fähigkeit der Menschengesellschaft, zu lavieren, und ihre Unfähigkeit, etwas anderes auf sich zukommen zu sehen als die Hochrechnungen aus der Gegenwart.“ (Nicolas Born)