In the organizer's words:
Was für eine seltsame Gegenwart, in der über Millionen von Jahren zu Flüssigkeit komprimierte Fossilien als raffinierter Treibstoff zum Beispiel in einem Motorrad verbrannt werden und die damit ausgelöste Beschleunigung in den Sonnenuntergang Manchen Freiheit bedeutet. Dieses Glücksversprechen muss doch etwas mit Verdrängung zu tun haben, wie ließe sich sonst aushalten, Freude so offenkundig auf dem Tod zu gründen? Wonderwomb von Amir Gudarzi ist ein Stück über die Verstricktheit unserer Gegenwart mit Erdöl: Es geht um tote Tiere genau wie um die Toten der Kriege, die für das Öl geführt werden. Um die Verwirbelung der iranischen Geschichte mit einem rassistischen Polizisten in Wien, mit Nordstream 2, mit einem Spekulanten an der Börse, der auf Ölkurse wettet. Der Text ist ein Versuch über nichts weniger als den gesamten Weltzusammenhang, ein dramatischer Entwurf der Komplexität eine Form zu verleihen, die trotz aller Überforderung nicht die Hoffnung verliert. Theresa Thomasberger, die ihr Debüt am Deutschen Theater Berlin in der vergangenen Spielzeit mit Klaus Theweleits Männerphantasien inszenierte, widmet sich nun erneut einem multiperspektivischem Text und seziert das unheimliche Potenzial des so selbstverständlichen und vertrauten Alltagsbegleiters Erdöl. Für Wonderwomb erhielt Amir Gudarzi 2022 den Kleist-Förderpreis für junge Dramatik, für die Inszenierung in der Box des Deutschen Theaters aktualisierte er den Text um eine neue Erweiterung.