„Der Oregano weckte mich und flößte mir Angst ein.“ So lauten die ersten Zeilen eines traditionellen tatarischen Liedes. Heimisch-unheimliche Kräuter und nationale Speisen spielen in Alina Bronskys Roman „Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche“ nur eine Nebenrolle. Das Attribut „scharf“ trifft vielmehr auf die stolze Tatarin Rosalinda zu: die ausgekochteste Großmutter aller Zeiten, die entschlossen die Fahne des Matriarchats hochhält. In blinder Fürsorge kämpft sie um Tochter Sulfia, Enkelin Aminat und ein Familienleben nach ihren eigenen Zutaten.
Hier durchmisst die Geschichte den Raum, sie spinnt Fäden, umgarnt Fluchten und Figuren, die sich der gewaltsamen Verstrickung nicht entziehen können. Alla Bondarevskaya tastet in ihrer Inszenierung, die in dieser Spielzeit direkt in beiden Städten des Gemeinschaftstheaters Premiere feiern wird, die Geschichte auf ihr inneliegende Gesten und Gebärden ab und fragt: Wie sehen die zwei Seiten eines Daseins zwischen zwei Kulturen aus? „Du wirst verdorren wie der Oregano, wenn Du Dich entwurzelst aus dem Land Deiner Geburt“, heißt es weiter im Lied.
Alina Bronsky, geboren 1978 in Jekaterinburg, verbrachte ihre Kindheit auf der asiatischen Seite des Ural-Gebirges. Ihr Debütroman „Scherbenpark“ wurde zum Bestseller und fürs Kino verfilmt.